„Man muss Elektromobilität selbst erfahren“
Unter dem Titel „What’s next?“ startet Aiways eine Interviewreihe mit Gesprächspartnern aus Industrie, Wirtschaft und Politik. Der siebte Gesprächspartner ist Pedro Faria, Gründer und Präsidiumsmitglied der Associação de Utilizadores de Veículos Elétricos, kurz UVE, aus Portugal. Mit Aiways Geschäftsführer Dr. Alexander Klose unterhielt er sich vor allem über die Frage, wie man die Menschen von den Vorurteilen gegenüber der E-Mobilität löst. Zusammen mit seiner Frau Carla ist er deshalb mit einem Aiways U5 SUV von Lissabon in Portugal bis nach Antwerpen in Belgien zur Premiere des Aiways U6ion Konzept gefahren, um zu beweisen, dass auch ein Elektroauto heute schon für echtes „Grand Touring“ bereit ist.
- What’s next?- ein Gespräch mit Pedro Faria, Gründer und Präsidiumsmitglied von Associação de Utilizadores de Veículos Elétricos aus Portugal
- Elektromobilität braucht weiterhin viel Erklärung
- Man muss den Menschen die Vorurteile nehmen
- Erlebnisse helfen mehr als lange Prospekttexte
Wie lief die Fahrt?
Pedro Faria: „Es lief wunderbar. Wir waren über 2.100 Kilometer unterwegs und haben die Strecke in drei Etappen aufgeteilt. Die erste Übernachtung haben wir in San Sebastián eingelegt und die zweite Nacht in Paris. Von da aus war es dann nur noch ein kurzer Hüpfer nach Antwerpen.“
Hatten Sie eine besondere Strategie auf der Fahrt?
Pedro Faria: „Nein, die Zeiten, in denen man jede Fahrt akribisch vorplanen muss, sind zum Glück vorbei. Natürlich ist das Ladenetz etwa in Spanien und Frankreich noch nicht so gut ausgebaut wie etwa in den Belgien, den Niederlanden oder Deutschland, aber gerade auf den großen Transit-Routen ist es überhaupt kein Problem mehr. Wir hatten deshalb nur eine Strategie: Möglichst schnell ans Ziel, eben genau so, wie man es mit einem Verbrenner auch machen würde. Deshalb sind wir auch immer mit Richtgeschwindigkeit unterwegs gewesen, in Frankreich etwa mit konstant 130km/h.“
Dr. Alexander Klose: „Das mit dem Ladenetz ist mir im vergangenen Sommer auch schon aufgefallen auf einigen Erprobungsrunden. Was mich aber besonders interessiert ist ihre Etappenlänge und der Verbrauch, es war ja doch noch relativ kühl und frostig auf der Fahrt.“
Pedro Faria: „Wir sind je nach Verkehrsaufkommen, Topografie und Geschwindigkeit immer zwischen 200 und 220 Kilometer am Stück zwischen den Stopps gefahren. Die Stopps haben wir immer bewusst mit 30 Minuten kurzgehalten, was dank der guten Ladeleistung des Aiways U5 SUV wunderbar funktioniert hat. So kamen wir meist wieder auf gut 80 Prozent Ladestand für das nächste Teilstück.“
Wie haben Sie die Stopps geplant?
Pedro Faria: „Die Navigation haben wir über Apple CarPlay und Karten gemacht, vor allem mit den Echtzeit-Verkehrsdaten ist das eine wirklich überzeugende Lösung. Auch die sehr intuitive Bedienung mit der Logik der Handy-Apps finde ich klasse. Für die Ladestopps haben wir unterwegs „A better route planner“ genutzt. Hier kann man die Verbrauchsdaten aus einer Datenbank ziehen und dann noch auf die eigenen Bedingungen anpassen. Wir habe etwa den Durchschnittsverbrauch auf das hohe Autobahn-Dauertempo angepasst und haben damit gute Planbarkeit der Stopp gehabt. Allerdings wäre eine „Echtzeit“-Lösung schon toll, also dass Auto und App direkt kommunizieren und den Ladestand auf der Route und am Ziel direkt mit in die Streckenplanung übernehmen.“
Dr. Alexander Klose: „Die Kommunikation ist zwischen Auto und Apps ist ein wichtiger Punkt, den wir uns schon intensiv in der Entwicklung anschauen. Viele Kunden kamen mit dem Wunsch auf uns zu, eine Echtzeit-Anbindung der Batterie- und Verbrauchsdaten in die Routenplanung zu integrieren. Lösungen mit externen Dongles über den Diagnoseport halten wir aber für nicht komfortabel genug. Wir arbeiten deshalb an einer rein Software-basierten Lösung, die wir wohl schon in sehr naher Zukunft präsentieren können. Ich denke damit werden wir eines der aktuell beste Routen- und Ladeplanungs-Tools auf dem Markt anbieten können.“
Wie sieht das Thema Laden und Infrastruktur in Portugal aus?
Pedro Faria: „Hier sind wir sehr gut aufgestellt – die verhältnismäßig kleine Fläche unseres Landes ist hier ein großer Vorteil. Dazu kommt aber, dass man sich seitens der Regierung früh Gedanken um die Standardisierung der Ladenetzwerke gemacht hat. Das Ergebnis ist eine staatliche Organisation, über die die Abrechnung aller öffentlichen Ladesäulen abgewickelt wird. Es ist also egal wer der Betreiber ist, die Modalität sind für den Nutzer an jeder Säule gleich. Das ist ein wesentlicher Vorteil, wenn ich mir andere Länder mit ihren Roaming-Modellen anschaue. Zwar funktioniert auch das mittlerweile sicherlich hinreichend, in Portugal gibt es aber definitiv keine Probleme und man kann mit jeder Karte an jeder Säule laden.
Dr. Alexander Klose: „Ein sehr spannende Lösung. Eine Organisation und Vereinheitlichung der Bezahlmodelle ist sicher einer der wesentlichen Punkte, bei der man stetig Verbesserungen finden kann. Auch wir schauen uns hier viele Themen an, um unseren Kunden den bestmöglichen Nutzen und Komfort zu bieten. Komplett autarke Lösungen, die außer dem Stecken des Ladesteckers kein weiteres Zutun der Fahrerin oder des Fahrers benötigen und Kommunikation zwischen Säule und Auto, sowie den Bezahlvorgang im Hintergrund automatisch übernimmt sind hier natürlich die erstrebenswerte Lösung. Solange man das nicht hat, muss der Kunde zumindest in Sachen Ladekarten immer am Ball bleiben.“
Am Ball bleiben ist ein gutes Stichwort: Wie gelingt es die Kunden von der E-Mobilität zu überzeugen?
Pedro Faria: „Dafür haben wir die Associação de Utilizadores de Veículos Elétricos gegründet. Man kann es so verstehen, als dass sich die „early adopter“ der E-Mobilität zusammengeschlossen haben, um ein Forum für elektrische Autos zu schaffen und ihre Vorteile einer breiteren Masse bekannt zu machen. Wir verstehen uns aber noch für mehr als das, denn mittlerweile sind wir so etwas wie ein Automobilclub für Elektromobilität. Wir bieten herstellerunabhängige Informationen aus erster Hand zu einer breiten Auswahl an Modellen und können so wertvolle Tipps bei Kaufentscheidungen geben. Highlight ist natürlich unser jährliches Event, bei dem wir neben den Herstellern mit ihren gesamten Modellpaletten auch die Ladenetzbetreiber, die Wallbox-Hersteller, Elektriker und E-Auto-Fahrer zusammenbringen. Es ist dabei mehr als eine Messe oder ein Forum, es ist ein Volksfest. Und es hat großen Anteil daran, dass die Elektromobilität schon stark in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen ist und keine Randerscheinung bei Firmenwagen bleibt.“
Dr. Alexander Klose: „Ein sehr guter Ansatz und sicher ein sehr effektiver. Denn das Elektroauto muss erklärt werden, am besten von Menschen, die sich mit der Thematik auskennen. Deshalb sind wir auch im Vertriebsmodell unserer Fahrzeuge sehr offen und vertreiben sie nicht nur bei traditionellen Händlern, sondern auch über Elektronikmärkte, etwa in Deutschland. Man kann das Auto so auf einer ganz anderen Ebene erklären, weil ein batterieelektrisches Fahrzeug ganz neue Fragestellungen bei den Kunden auslöst. Darauf wollen wir besonders intensiv eingehen, denn nur so kann man bestmöglich beraten.“
Pedro Faria: „Die intensive Beratung ist tatsächlich der Schlüssel, das erleben wir auch im Alltag der UVE. Denn ein Prospekt, oder eine Visualisierung im Konfigurator sind das eine, das Erleben der Elektromobilität im Alltag aber etwas völlig anderes. Die meisten Interessenten, sind nach der ersten Fahrt schon begeistert und nach dem erste Probefahrt-Wochenende dann vollends überzeugt. Denn Vorurteile lassen sich nur durch eigene Erfahrungen widerlegen. Man muss es selbst erleben.“